Willkommen bei der Gesellschaft für Familienforschung in der Oberpfalz e.V.

Studienfahrt der GFO-Familienforscher nach Speinshart und Pressath

  • Markus Stoll

Die Kontaktpflege der Familienforscher begann bereits im Bus auf der Fahrt von Regensburg über Schwarzenfeld und Weiden nach Speinshart. Dort gesellten sich noch eine größere Anzahl GFO-Familienforscher, die mit Privat-PKWs angereist waren, zu der Gruppe.
Vor der Klosterkirche erläuterte Frau Barbara Müller den interessierten Zuhörern in einer sehr fundierten Führung die einzigartige ehemalige Klosterkirche. Sie zählt zu den interessantesten und den künstlerisch wertvollsten kirchlichen Schöpfungen des süddeutschen Barock mit der Vortrefflichkeit der Innendekoration. Die Klosterkirche wird seit der Säkularisation als Pfarrkirche genutzt.

Der fränkische Adelige Adelvolk von Speinshart schenkte seine Besitzungen in und um Speinshart im Jahre 1145 dem Prämonstratenserorden. In einem Schutzbrief Alexanders III. aus dem Jahre 1181 sind sämtliche Besitzungen des Klosters zur damaligen Zeit aufgeführt (= die erste päpstliche Urkunde über Speinshart). Durch eine Zustiftung der Brüder Reinhold und Eberhard von Reifenberg, Verwandte der Stifter, wurde die Grundherrschaft des Klosters in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts erweitert.
Auf diesem nun als Kloster genutzten Herrenhof wurde Ende des 12. Jahrhunderts eine dreischiffige romanische Basilika errichtet. Als 1310 ein Reichsheer von Nürnberg nach Böhmen zog, wurde das Kloster schwer mitgenommen. Probst Heinrich von Eger lies es 1313 mit Hilfe von König Johann wieder herstellen und zur Sicherung gegen weitere Überfälle mit Mauern und Graben befestigen. Seine Blüte erlebte das Kloster Speinshart in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts mit der Erhebung zur Abtei 1459.
Im Zuge der Reformation wurde das Kloster als geistliche Einrichtung aufgehoben. Die Grundherrschaft fiel dem Landesherrn zu. Erst 1621 wurde die Oberpfalz wieder katholisch. Nach dem Elend des 30-jährigen Krieges kamen 1661 die Prämonstratenser aus Steingaden und kauften Speinshart. Zwischen 1682 und 1713 erfolgte der Neubau der geschlossenen Klosteranlage, die 1691 wieder zur Abtei erhoben wurde.
Abt Gottfried begann 1692 den Neubau der Kirche, die er von 1696 – 1700 reich mit Stuck und Fresken ausschmücken lies. Der Baumeister der Kirche war Wolfgang Dientzenhofer aus Amberg. Die Innenausstattung der Speinsharter Klosterkirche mit unzähligen Stuckaturen und Fresken, sowie der Hochaltar sind Arbeiten der Künstlerwerkstatt Carlo Domenico und Bartholomeo Lucchese aus Melide am Luganer See.
Die Gewölbe sind mit Rahmenstuck und Ornamentformen in üppiger Fülle dekoriert. Die zahlreichen Figuren an den Wandpfeilern des Kirchenschiffes stellen Seelige und Heilige des Prämonstratenserordens dar. Der reiche Stuckaturenschmuck der Kirche wird durch die zahlreichen Deckengemälde im Chor- und Altarraum (Verherrlichung Mariens) und im Langhaus (Leben des Hl. Ordensstifters Norbert) belebt.
Einen besonderen Schmuck der Kirche bilden die originellen und reich geschnitzten Wangen der Kirchenstühle, die bei jedem zweiten Paar die Leidenswerkzeuge Jesu (arma Christi) zeigen.

Das erste und das letzte Bankpaar zieren Symbole der viel Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Durch die furchtbaren Lasten des Spanischen Erbfolgekrieges 1701-1714 konnte das Gotteshaus erst im Jahre 1722 vollendet werden. Die barocke Neugestaltung der Klosteranlage orientierte sich an einem Idealplan, dessen Umsetzung Zug um Zug bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts dauerte.
Im Anschluss an die detaillierte Kirchenführung erfolgte eine Führung mit Frau Müller durch das Klosterdorf. Es war vom Mittelalter bis zur Säkularisation 1803 die Klosterökonomie. Es gab Handwerksbetriebe wie eine Schlosserei und eine Schmiede, die Anwesen des Klosterrichters und des Forstmeisters, sowie eine umfangreiche Landwirtschaft.
Im Zuge der Säkularisation 1803 enteignete der Staat diesen Klosterbesitz, zerschlug ihn in Parzellen und versteigerte diese meistbietend an Privatleute. Diese errichteten im Anschluss an die schmalen Häuser nach außen hin private Gärten und landwirtschaftliche Nebengebäude für die Eigenversorgung. Seitdem ist Speinshart ein bäuerlich geprägtes Dorf.
Nur die Klosterkirche blieb als Pfarrkirche erhalten. Doch der Orden kaufte das Konventgebäude im September 1921 vom bayerischen Staat zurück und Prämonstratenser-Chorherren aus dem Kloster Tepl zogen ein. Im März 1923 stellte ein päpstlicher Erlass das Kloster mit allen Rechten als Abtei wieder her. Die beiden Klosterhöfe blieben aber weiterhin in Privatbesitz.
Den südöstlichen Abschluss des großen Klosterhofes bildet die ehemalige Wieskirche, die 1747-1752 erbaut wurde und geweiht dem gegeißelten Heiland auf der Wies. Der Kirchenraum diente als Totenkapelle mit aufwändigen Bemalungen zum Thema Tod, Auferstehung und ewiges Leben. Diese Bemalungen sind im Innenraum noch in Resten zu erkennen. Im Zuge der Säkularisation wurde auch dieses Gebäude versteigert und die kirchliche Ausstattung verkauft. Die neuen Besitzer waren durch die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse zur optimalen Nutzung aller zur Verfügung stehenden Gebäude gezwungen. Deshalb diente die ehemalige Kapelle nahezu 170 Jahre landwirtschaftlichen Zwecken und wurde als Kuhstall und auch als Scheune benutzt.

Seit der Besitzübernahme durch den Landkreis Neustadt an der Waldnaab und einer Renovierung steht die Wieskirche für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung.
Der heutige Kloster-Gasthof war früher das Brau- und Malzhaus. In ihm hatten die GFO-Familienforscher beim Mittagessen umfassend Zeit, alte Kontakte auf Oberpfalzebene aufzufrischen und neue Forscherkontakte zu schließen.
Anschließend ging es mit dem Bus weiter nach Pressath. Dort erklärten die GFO-Mitglieder Barbara Zankl und Eckhard Bodner umfassend die verschiedenen Ausstellungsthemen im „Haus der Heimat“. Im Jahre 1900 errichtet, diente es bis 1939 als Kindergarten der Armen Schulschwestern und bis 1973 als Mädchenschulhaus.
1962 wurde der Heimatpflegebund Pressath e.V. gegründet. Ihm wurde 1977 das Gebäude von der Stadt Pressath zur Einrichtung eines Museums übergeben. 1989 erfolgte die Einweihung in seiner neuen Funktion. Die Ausstellungsgegenstände vermitteln einen Eindruck vom Leben in der westlichen Oberpfalz, von Künstlern der näheren und weiteren Umgebung, von verschiedenen Handwerksberufen, Alltagsgegenständen des 19. Jahrhunderts. Landwirtschaftliche Exponate geben darüber hinaus Aufschluss über Leben und Arbeiten in vergangenen Zeiten. Es spiegelt sich der Zeitraum vom 30-jährigen Krieg (Wandrelief von der Belagerung Pressaths 1633) bis in die jüngste Vergangenheit wieder.
Die Teilnehmer der Studienfahrt waren alle schwer beeindruckt von der Fülle der Ausstellungsgegenstände und des liebevollen Aufbaues der einzelnen Themenbereiche. Viel zu schnell ging der gemeinsame Tag für alle GFO-Familienforscher zu Ende.
Bericht erstellt von Elfriede Dirschedl, 1. GFO-Vorstand
Quellen:
Kirchenführer „Prämonstratenserkloster- und Pfarrkirche Speinshart“,
Dorfführer „Speinshart – Rundgang durch ein historisches Klosterdorf“
Wikipedia „Haus der Heimat in Pressath“